Frauenverein

Bereits 1921 kamen drei Damen des reisenden Gewerbes, Marie Hempel aus Berlin und die beiden Nürnbergerinnen Gretchen Meth und Agathe Gast auf die Idee, einen eigenen Schausteller-Frauenverein zu gründen. Er sollte dazu beitragen, den Schausteller-Frauen bei der Lösung auftretender Probleme zu helfen, für gegenseitige Hilfe in schwierigen Situationen zu sorgen und die gemeinsamen Interessen sowie den geselligen Kontakt zu pflegen. Bereits bei einem ersten informativen Zusammentreffen im Cafe Union am Weißen Turm in Nürnberg zeigte sich, dass dieser Plan bei den Schausteller-Frauen einschlug, so dass der Gründung bald nichts mehr im Wege stand.

fahne norisDiese erfolgte am 16. Januar 1922. Unter dem Beifall von 23 Damen, die im Verein heute noch als Ehren- und Gründungsmitglieder eingetragen sind, konstituierte sich der Vereinsvorstand, für den folgende Damen nominiert wurden:

1. Vorsitzende: Gretchen Meth
2. Vorsitzende: Agathe Gast
1. Kassiererin: Marie Trassi
2. Kassiererin: Babette Müller
1. Schriftführerin: Anna Rierl
2. Schriftführerin: Lisbeth Harhaus, verw. Strössner

Auch die Männer begrüßten das Projekt lebhaft. Einige von ihnen, wie die Vorstandsmitglieder des Süddeutschen Schaustellervereins Hans Strössner, Martin Müller und Fritz Andress, standen dem jungen Verein mit Rat und Tat als Beiräte zur Verfügung.

In den Vereinssatzungen wurden die speziellen Ziele des jungen Vereins festgelegt. Neben der Pflege der Geselligkeit wurden darin die gegenseitige Hilfsbereitschaft und Zusammengehörigkeit besonders hervorgehoben. Bei auftretenden Konflikten unter den Schaustellern sollten sich die Frauen stets neutral verhalten. Es brauchte viel Elan und Ausdauer, um die schwierigen ersten Jahre durchzustehen, doch konnte selbst der sich 1923 abzeichnende Ruin der Staatsfinanzen den jungen Frauenverein nicht erschüttern. Es ging mit ihm stetig bergauf.

Am 16. Januar 1925 konnte ein erster Höhepunkt gefeiert werden: Die Weihe der Vereinsfahne in der Liebfrauenkirche zu Nürnberg mit anschließender Festveranstaltung im Stadtparkrestaurant. Die Patenschaft hatte der Hamburger Frauenverein „Harmonie“ übernommen. Als Fahnenmutter fungierte Frau Karoline Lössel, verw. Stahlmann, Fahnenträgerin war das jüngste Mitglied des Vereins, Gunda Mendel, die dieses Amt sieben Jahre lang beibehielt. Auch fungierte sie für die nächsten 20 Jahre als Schriftführerin. Fahnenmutter Lössel stiftete das Fahnenmaterial sowie den dazu gehörenden Schrank, was ihr den besonderen Dank aller Vereinsmitglieder einbrachte.

Es folgten Jahre schwieriger aber gedeihlicher Vereinszusammenarbeit. Die Zusammenkünfte fanden in den Wintermonaten regelmäßig wöchentlich statt, wodurch der gesellige Zusammenhalt der Vereinsmitglieder sehr gefördert wurde. 1932 konnte mit berechtigtem Stolz das 10jährige Jubiläum mit einer Riesentombola und einem Theaterstück gefeiert werden. Sämtliche Darsteller gehörten dem Frauenverein an. Diese Theateraufführungen, die zu Weihnachten oder anläßlich der jährlichen Generalversammlung stattfanden, wurden in den folgenden Jahren zur guten Tradition und schweißten den Verein noch mehr zusammen. Dies war vor allem in den schwierigen Zeiten notwendig, die bald über Deutschland hereinbrechen sollten.

Nach dem Tod von Frau Gretchen Meth wurde Anna Riedl als 1. Vorsitzende bestellt. Gemeinsam mit der 1. Schriftführerin Gunda Mendel, vertrat sie selbst in der beginnenden Kriegszeit noch die Vereinsinteressen. Den Initiativen von Gunda Mendel, Else Grömer, Elise Wolf und Margarete Wagner, die deshalb den Ehrentitel „Die Eisernen Damen“ erhielten, war es zu verdanken, dass die Vereinsfahne, die schon konfisziert worden war, wieder zurückerobert werden konnte. Obwohl eine reguläre Vereinstätigkeit ab 1943 wegen der zahlreichen Fliegerangriffe und Evakuierungen von Mitgliedern nicht möglich war, hielten die Damen gemeinsam mit einem männlichen Ehrenmitglied, Konrad Eder, doch die Vereinstradition in den letzten Kriegsjahren und der beginnenden Nachkriegszeit aufrecht. Die gesamten Unterlagen und das ideelle Eigentum des Vereins sind Opfer der Bombenangriffe geworden.

Bei der Neugründung im Jahre 1947 musste praktisch von vorne begonnen werden.

25 Jahre nach der ursprünglichen Gründung war es dann soweit. Die rührige Gunda Mendel ergriff, unterstützt von Else Dölle und Hanne Schilling, wieder einmal die Initiative. Auf ihre Einladung hin fand sich ein Großteil der ehemaligen Mitglieder wieder ein.

Auf der 1. Nachkriegshauptversammlung wurde Gunda Mendel zur 1. Vorsitzenden gewählt. Noch war an größere Festlichkeiten nicht zu denken, doch der innere Zusammenhalt des Vereins konnte rasch wieder hergestellt werden. Die Währungsreform brachte weitere Turbulenzen, doch danach ging es stetig bergauf. Der Initiative von Gunda Mendel war es auch zu verdanken, daß 1972 dem Süddeutschen Verband eine der schönsten Fahnen des Berufsstandes überreicht werden konnte. Frau Meta Distel fungierte als Fahnenmutter, im Geismannssaal in Fürth wurde der Anlaß festlich begangen. Das gesellige Leben des Vereins verlief nun wieder in geordneten Bahnen.

Alljährlich nach Saisonschluss wurden Versammlungen und Kaffeekränzchen abgehalten, es folgten abwechslungsreiche Weihnachtsfeiern, Maskenbälle und sonstige Veranstaltungen. Besonders festlich wurden die jeweiligen Vereinsjubiläen gestaltet. Unserer Tradition gemäß kam es dabei immer wieder zur Aufführung von humorvollen Theaterstücken, bei denen sich die einzelnen Mitglieder besonders hervortaten. Anläßlich des 30jährigen Jubiläums wurden drei Damen zu Ehrenmitgliedern ernannt: Else Grömer, Elise Wolf und Grete Wagner, die sich durch ihr uneigennütziges Wirken große Verdienste um den Verein erworben hatten. Auch bei der Standartenweihe des Juniorclubs Nürnberg 1958, wirkte der Frauenverein an der Festgestaltung kräftig mit. Frau Gunda Mendel erhielt in Anerkennung ihrer unschätzbaren Verdienste für den Verein eine „Goldene Ehrennadel“ überreicht.

Neben der Pflege der Geselligkeit wurde auch die Hilfsbereitschaft im Frauenverein stets hochgehalten. Durch großzügige Spendensammlungen konnten größere Unterstützungen an den Hochwasserkatastrophenfond, an Aktion Sorgenkind oder an das Rote Kreuz geleistet werden. Die Betreuung kranker oder älterer Mitglieder gehört gleichfalls zu den festen Aufgaben des Vereins. Beim 40jährigen Stiftungsfest trat neben dem Ballett der Städtischen Bühnen und einem Operettenensemble auch eine „Maria Callas improvisiert“ auf und sang eine Arie der Gilda aus Rigoletto. Erst beim tobenden Applaus gab sich die „improvisierte Callas“ als Gunda Mendel zu erkennen. Eine Riesentombola mit anschließendem Bal parè rundete die Feier ab.

In den folgenden Jahren wurden auch Busreisen in das Vereinsleben integriert. Würzburg, Wien und München standen unter anderem auf dem Programm, auch die Schlösser Ludwig II., Oberammergau und das Kloster Ettal gehörten zu den Reisezielen. Diese jeweils mehrtägigen Unternehmungen brachten den Mitgliedern zahlreiche schöne Eindrücke und führten zu einer weiteren Festigung des Vereinslebens.

Mit Stolz konnte der Frauenverein „NORIS“ im Laufe der Zeit auch Patenschaften für weitere Frauenvereine übernehmen, wie beim „Münchner Kindl“ und der „Heiterkeit“ Stuttgart-Cannstatt. Nach dem Mauerfall kam noch die „Sachsenperle Zwickau“ dazu.

Beim 50jährigen Stiftungsfest zählte der Verein 210 Mitglieder und auch die Jugend ließ sich immer wieder für die Ziele des Vereins begeistern. Beim 50jährigen Jubiläum setzte sich der Vorstand aus folgenden Mitgliedern zusammen:

1. Vorsitzende: Gunda Mendel
2. Vorsitzende: Grete Georg
1. Kassiererin: Anneliese Hartnagel
2. Kassiererin: Else Reck
1. Schriftführerin: Regina Flachmann
2. Schriftführerin: Lisa Grömer

sowie den Beiräten Frieda Stockem und Gerda Wunderle, beide aus Nürnberg, und Anna Bauer aus Fürth. Als Fahnenträgerinnen wurden Anny Lang und Rosa Hagin bestimmt.

Zur Vorbereitung des Jubiläums war ein eigenes Festkomitee gegründet worden. Die Veranstaltung fand in der Meistersingerhalle statt. Der Verein konnte bei dieser Gelegenheit auch eine neue Fahne einweihen, die der nimmermüden Initiative von Gunda Mendel zu verdanken war. Jedes Vereinsmitglied erhielt zu diesem Anlaß eine „Goldene Gedenkmünze“. Zahlreiche Ehrengäste, u.a. der Oberbürgermeister von Nürnberg, Dr. Andreas Urschlechter, Frau Minister Käthe Strobel und Bundestagsabgeordneter Hans Batz, der Schirmherr des Vereins, betonten durch ihre Anwesenheit die Bedeutung dieses festlichen Anlasses. Selbstverständlich gab sich auch der Präsident des Deutschen Schaustellerbundes, Max Eberhard, die Ehre.

Frau Mendel betonte in ihrer Festansprache die wichtige Rolle der Frauen im Leben der Schaustellerfamilien. Sie wies dabei besonders auf den Wahlspruch der Vereinsfahne hin: „Kein Hass, kein Neid, jederzeit hilfsbereit“ Anläßlich dieser Festlichkeit konnte dem ADAC eine größere Summe zur Anschaffung eines Rettungswagens und Adaptierung einer Notrufsäule übergeben werden.

Soziales Verantwortungsgefühl wurde im Verein immer groß geschrieben. So wurde u.a. zum Jahr des Kindes von Gunda Mendel angeregt, die Patenschaft für ein Kind der dritten Welt zu übernehmen. Der Vorschlag wurde einstimmig angenommen, seine Durchführung scheiterte allerdings an politischen Hürden. Nachdem Frau Mendel 1978 ihr Amt als 1. Vorsitzende niedergelegt hatte, wurde sie zur Präsidentin des Vereins ernannt. 1. Vorsitzende wurde Regina Flachmann, die am 18. Januar 1978 bei einer Generalversammlung im „Café Rennbahn“ gewählt wurde.

Eine der wichtigsten Aufgaben der Vereinsführung war es nun, das Interesse der nachrückenden jüngeren Frauengeneration für den Verein zu wecken und so eine zunehmende Vergreisung zu verhindern. Waren die älteren Mitglieder mit ihren Erfahrungen und ihrem ungebrochenen Enthusiasmus immer noch die Stütze des Vereins, so bedeutete die nachrückende Jugend doch dessen Zukunft, die gehegt und gepflegt werden musste. Heute, am Beginn eines neuen Jahrtausends findet sich der Verein auf gesichertem Boden. Zwar: die Aufgaben sind vielfältiger geworden, die Hektik der Zeit sowie die beruflichen Zwänge verhindern nicht zuletzt durch die Vielfalt der beruflichen Veranstaltungen die früher im Winter üblichen wöchentlichen Zusammenkünfte. Doch immerhin reicht es für die alljährlich mehrmals stattfindenden Versammlungen, Tagesfahrten sowie Weihnachts- und Kinderfaschingsveranstaltungen. Ein besonderer Glanzpunkt im Jahresablauf ist die alljährliche Generalversammlung mit einem reichhaltigen Festprogramm an Tänzen, Parodien, Modenschauen und Theaterstücken.

Auch der soziale Aspekt ging nicht verloren. Heute unterstützt der Verein, auf Vermittlung eines Paters in Kenia, dort ein ganzes Dorf.

In dem Dreivierteljahrhundert seines Bestehens hat sich der Frauenverein „NORIS“ bei der Pflege der Interessen der Schaustellerfrauen bestens bewährt, er hat ihnen, dank der Initiative und des Idealismus seiner Mitglieder, geholfen, Notzeiten gemeinsam zu überstehen, das gesellige Miteinander zu fördern und ein starkes Gemeinschaftsgefühl zu entwickeln, das gerade für den Berufsstand der Schausteller von besonderer Bedeutung ist. So konnte dem Wahlspruch der Gründerinnen mit Recht ein weiteres Motto hinzugefügt werden:

„Lachen, wenn’s trüb ist – Helfen, wenn’s nötig ist – Feiern, wenn’s möglich ist“!

Damit ist zugleich die Marschrichtung ins Neue Jahrtausend vorgegeben.

1997 setzte sich die Vorstandschaft des Frauenvereins aus folgenden Damen zusammen:

1. Vorsitzende: Regina Flachmann
2. Vorsitzende: Lilo Schuhmann
1. Kassiererin: Margit Müller-Albrecht
2. Kassiererin: Ingrid Krug I
1. Schriftführerin: Karola Wentzl
2. Schriftführerin: Gisela Bergmann

Nachdem diese Vorstandschaft drei Frauentage, anlässlich verschiedener Delegiertentage ausgerichtet hatte, traten die beiden Vorsitzenden 1998 ehrenvoll zurück. Frau Regina Flachmann wurde zur Ehrenvorsitzenden ernannt.

Als Nachfolger wurden gewählt:

1. Vorsitzende: Claudia Bergmann
2. Vorsitzende: Karola Wentzl
1. Kassiererin: Margit Müller-Albrecht
2. Kassiererin: Ingrid Krug I
1. Schriftführerin: Gabriele Fleischmann
2. Schriftführerin: Hannelore Vetter

Auch die junge Vorstandschaft konnte den Zusammenhalt der Damen weiterhin beibehalten. Sämtliche Fahrten und Veranstaltungen finden stets rege Anteilnahme.

Seit Februar 2004 setzt sich die Vorstandschaft des Frauenvereins wie folgt zusammen:

1. Vorsitzende: Karola Wentzl
2. Vorsitzende: Birgit Schweizer
1. Kassiererin: Margit Müller-Albrecht
2. Kassiererin: Ingrid Krug I
1. Schriftführerin: Mirella Hagin
2. Schriftführerin: Doris Grauberger

Eine komplett neue Vorstandschaft möchte nun weiter Schwung in den Frauenverein bringen.Seit Februar 2011 setzt sich die Vorstandschaft wie folgt zusammen:

1. Vorsitzende: Gina Krug
2. Vorsitzende: Sabine Heimerl
1. Kassiererin: Margit Schwarz
2. Kassiererin: Marika Krug
1. Schriftführerin: Lieselotte Schuhmann
2. Schriftführerin: Kerstin Müller

Rückblickend gebührt – seit Gründung des Frauenvereins „Noris“ – unser Dank den 1. Vorsitzenden
Gretchen Meth, Anna Riedel, Gunda Mendel, Anneliese Hartnagel,
Anna Bauer, Gerda Wunderle, Regina Flachmann, Claudia Bergmann und Karola Wentzl.